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Zur Geschichte der Rügener Kreide

Im nordöstlichen Teil der Insel Rügen, auf der Halbinsel Jasmund, befinden sich umfangreiche Kreidevorkommen.


Die Kreide selbst ist ein natürliches, feinkörniges und weißes Calciumcarbonat, das sich im Meer durch Ablagerung der Schalenreste früherdgeschichtlicher Tiere, sogenannter Foraminiferen und Kokoliten, gebildet hat. Diese Mikroorganismen lebten in dem Meer, das vor Jahrmillionen zwischen Jura und Tertiär ganz Nordeuropa bedeckte. Aus den sedimentierten Fragmenten der dünnschaligen Kalkgehäuse bildete sich durch Verfestigung der kohlensaure Kreidekalk, der in Form der Kreideküste Jasmund für jedermann sichtbar ist.

Die Rügener Kreide stellt eine Maastrichtkreide dar, für welche die feine Kornstruktur und der hohe Calciumcarbonatgehalt von mindestens 97 % charakteristisch sind. Das Calciumcarbonat besteht aus typischen Calcitkristalliten, deren Form auf die ehemalige organische Herkunft zurückzuführen ist. Diese Kristalliten von 0,3 - ca. 3 µm Korngröße sind zumeist isometrisch geformt und bilden mikroporöse Aggregate.

Die Rügensche Kreideindustrie in der Form des Abbaus, des Aufschlämmens, der Trocknung und der Pulverisierung kann insgesamt auf eine schon recht lange, erwähnte Tradition zurückblicken. Der Grundstein der Kreideindustrie auf Rügen wurde mit umfangreichen Kreideforschungsarbeiten bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch den 1797 in Langenfeld bei Loitz geborenen Friedrich von Hagenow gelegt. 1832 erhielt er das alleinige Nutzungsrecht der Kreidebrüche bei der Stubnitz. Seit diesem Zeitpunkt wird die Kreide im Tagebau gewonnen und durch Aufschlämmen von den unerwünschten Beimengungen wie Flintsteinen, im Volksmund bekannt als Feuersteine, und den groben Bestandteilen, bekannt als Grand, getrennt. Diese Technologie hört sich natürlich relativ einfach an, war aber zur damaligen Zeit eine ausgesprochene Knochenarbeit, die dazu auch noch nur in der Saison durchgeführt werden konnte. Eine industrielle Nutzung, so wie wir sie heute kennen, gab es natürlich damals noch nicht. Mit dem Naturprodukt Kreide wußte man nicht allzuviel anzufangen.


"Es war zwar gut zur Tünche, aber nicht genug bindend als Mauerspeise."

Zitat von Johann Jacob Grümke. Und dieser Mann stellte auch bereits damals fest:


"Vorteilhaft für die Einwohner wäre es allerdings, wenn es der Natur gefallen hätte, statt der Kreide Felsmassen zu schaffen, die zu Steinbrüchen genutzt werden könnten."

Für die damaligen Verhältnisse sicherlich schon nennenswerte, nach unseren heutigen Betrachtungen jedoch kaum interessante Mengen, wurden Mitte des 19. Jahrhunderts hergestellt und verkauft. Zum Zentrum der Schlämmkreidefabrikation entwickelte sich der Ort Sassnitz mit seinen günstigen Abbaumöglichkeiten. Die Technologie selbst war mit einem hohen Aufwand an körperlicher Arbeit verbunden. Der Rohstoff mußte an einer steilen Abbruchwand von angestellten Schlämmern mit Spitzhacken losgeschlagen und auf Loren zum Rührwerk gefahren werden. Dort wurde in großen Bottichen unter Zufluß von Wasser und Bewegung von eisernen Haken das grobe Feuersteinmaterial ausgeschieden. Die in Wasser aufgeschlämmte Kreide floß als Kreidemilch, auch genannt Kreidetrübe, über Absetzrinnen, auf deren Böden sich die feineren Veunreinigungen ablagerten, in Absetzbecken. Hier schlug sich die gesäuberte Kreidetrübe in einer Schicht von etwa 30 cm nieder. Nach Abzug des geklärten Wassers wurde wieder aufgefüllt, bis die Kreide schließlich eine Mächtigkeit von annähernd 1,5 Metern erreicht hatte. Zur Beschleunigung des Festwerdens der abgesetzten Kreide wurde sie gekrügt oder auch gestampft.

Der nächste Arbeitsgang bestand in dem Ausschlagen des abgelagerten Materials, dessen Feuchtigkeitsgehalt noch 30 - 35 % betrug. Das heißt, die schwere, dickbreiige Masse wurde aus den Becken in Karren geschaufelt. Former transportierten sie dann per Schubkarre zu den Trockenschuppen und breiteten sie in schaufelgroße Stücke geformt, auf den unteren Reihen aus. Die Formstücke mußten mehrfach umgeschichtet werden, um schließlich bei der Lagerungszeit von etwa 4 Wochen auf eine Restfeuchte von ca. 5 % zu trocknen. Damit war die Kreide damals versandreif.

Weitaus größere Mengen Kreide wurden mit Entstehung der Kreideindustrie Anfang des 20. Jahrhunderts als Rohkreide abgebaut und verkauft. Der Schwerpunkt dieser Produktion lag speziell in den Jasmunder Brüchen und hierfür waren bereits vor 1945 etwa ein Dutzend Bagger in Betrieb. Zu diesem Zeitpunkt waren die ältesten Brüche am Ostufer Jasmunds und bei Lohme, ebenso wie die Brüche vom Dumsevitz, Rosengarten und Altkamp auf Südrügen bereits nicht mehr in Betrieb.

Aus den Jasmunder Brüchen gelangte das Rohmaterial über eine Kreidebahn nach Martinshafen bzw. mit einer Schwebebahn zum Sassnitzer Hafen und wurde dort verschifft. Beide Häfen hatten bereits 1928 erhebliche Mengen Rohkreide umgeschlagen. Dazu kamen noch beträchtliche Mengen, die von Klein Stubben versandt wurden. Großabnehmer dafür waren die Portlandzementfabriken im Odermündungsgebiet. Schlämmkreide selbst wurde vor 1945 nur nebenbei hergestellt. Sie ging hauptsächlich mit der Bahn nach Berlin, Bremen, Hamburg, ins Ruhrgebiet und nach Breslau und Stettin.

1928 wurden aus den Jasmunder Brüchen rund 500.000 Tonnen Rohkreide in Martinshafen und in Sassnitz verladen. Die Schlämmkreideherstellung wird dagegen mit etwa nur 80.000 Tonnen versandmäßig angegeben. Und diese Menge wurde bis auf einige wenige Ansätze durch reinen Handbetrieb erzeugt. Das Ende des 2. Weltkrieges brachte die Kreideindustrie vorübergehend zum Erliegen. Die Wirtschaft aber konnte auf das kostbare Material nicht verzichten, und so waren nach 1945 insgesamt 19 Kreidewerke auf Rügen in Betrieb. 1946 wurden die Werke der Stettiner Portlandzementfabrik, Abteilung Lancken, und Stettiner Portlandzementfabrik, Kalk- und Kreidewerk Sassnitz, in das landeseigene Kreidewerk des Landes Mecklenburg überführt und 1948 die Werke des Pommerschen Industrievereins, Werk Sagard und Werk Wittenfelde, in die Volkseigenen Kreidewerke Rügen zusammengeführt. 1949 wurde das „Landeseigene Kreidewerk Land Mecklenburg“ und der Pachtbetrieb Buddenhagen den Volkseigenen Kreidewerken Rügen angeschlossen. Weiter kam das Gemeindekreidewerk Küster Sassnitz im Jahre 1951 dazu. 1954 wurden dann weitere 7 Einzelwerke dem volkseigenen Betrieb zugeordnet und 1957 wurde die Bildung des VEB Vereinigte Kreidewerke Rügen mit der Eingliederung des Kreidewerkes Garz, Sassnitz und des Kreidewerke Funk & Radvan in Gummanz abgeschlossen. Mit steigender Industriealisierung erweiterten sich natürlich auch sehr stark die Anwendungsgebiete der Kreide. In der Form, wie sie zu diesem Zeitpunkt angeboten wurde, war sie diesen Anforderungen nicht mehr gewachsen. Aus diesem Grunde mußte eine Technologie entwickelt und aufgebaut werden, die eine Kreide mit Restfeuchten um etwa 0,5 % sicherstellt und einer Feinheit bei einer oberen Grenze von 63 µm. Die Mengenvorstellungen zum damaligen Zeitpunkt bewegten sich bei etwa 125.000 Jahrestonnen. Zur Realisierung dieser industriellen Notwendigkeit wurde ein neues Kreidewerk konzipiert und gebaut. 1962 begann der Probebetrieb im volkseigenen Betrieb Kreidewerke Rügen mit einer hochmodernen, vollmechanisierten Technologie. Der zeitliche Aufwand wurde vom Abbauort bis zur Verpackung des getrockneten Materials auf reichlich 80 Minuten begrenzt. Die schwere körperliche Arbeit in der Wand wurde durch damals moderne Fördermittel wie den Bagger UB 80 abgelöst; der Transport erfolgte ebenso gleisgebunden wie die Abraumförderung.

Die Kreideloren und die Bagger wurden größer (UB 162-1), versuchsweise wurden in der Abraumförderung 20 m³-Loren aus dem Braunkohlentagebau eingesetzt, nachdem die Gleise entsprechend umgerüstet waren.

Schwere LKW übernahmen je nach Bodenverhältnissen den Abraumtransport, und für die Verlegung der Gleisjoche waren Spezialbagger im Einsatz. Mit entsprechenden Höhen und Tiefen in den Produktionsergebnissen der einzelnen Jahre, hauptsächlich beeinflußt durch wechselhafte Witterungsbedingungen, wurden immerhin für die damaligen Verhältnisse Spitzenleistungen von 185.000 Jahrestonnen Schlämmkreide und 55.000 t Grand für die Industrie bzw. für die Landwirtschaft erreicht. Auch die Zuordnung des Kreidewerkes Rügen zu übergeordneten Institutionen war recht wechselhaft. So gehörten wir zeitweise zum Rat des Bezirkes Rostock, dann zur Vereinigung der volkseigenen Betriebe Bindebaustoffe Halle, danach zur VVB Zement Dessau, die dann wieder umgetauft wurde in den volkseigenen Betrieb Zementkombinat Dessau. 1984 wurde die juristische Selbstständigkeit des Betriebes aufgehoben. Das Kreidewerk Rügen war dem volkseigenen Betrieb Zementwerke Rüderdorf als Betriebsteil 6 zugeordnet.

Die produktionstechnische Weiterentwicklung im Kreidewerk vollzog sich zwar nicht so schnell und umfassend wie die verwaltungstechnische, aber sie brachte Neuerungen, so z.B. das System der kombinierten Gewinnung und Voraufbereitung von Kreide, bekannt unter dem Namen „mobiles Schlämmgerät“ (oder im Volksmund „Die Trommel“ genannt). Aus dem mobilen Schlämmgerät wurde über verschiedene Stufen ein stationäres. Die Rohkreide wurde wieder „angeliefert“.

Die Wende war auch für das Kreidewerk im wahrsten Sinne des Wortes eine solche. Mit dem Verkauf des Rüdersdorfer Zementwerkes an die Readymix-Gruppe wurde das Kreidwerk ausgegliedert und als Treuhandbetrieb weitergeführt. Der erste Schaufelbagger nahm die Rohkreideförderung im Tagebau Wittenfelde auf, die Förderung mit Mobilbagger und der Schienentransport wurden eingestellt. Am 13.08.1993 erfolgte die Privatisierung in die Kreidewerk Rügen GmbH im Firmenverbund der Vereinigte Kreidewerke Dammann. Damit wurde der Grundstein für umfangreiche Investitionen in Höhe von derzeit 40 Mio. DM rd. 20 Mio. € gelegt. Eine hochmoderne Anlage für die Kreideproduktion vom Abbau bis zur Verladung entstand. Die mittels eines weiteren Schaufelbaggers abgebaute Rohkreide, inzwischen gefördert aus dem in Betrieb genommenen Tagebau Promoisel mit etwa 25 Mio Tonnen verfügbarer Rohkreide, gelangt über eine 2 km lange Bandanlage ins Werk und wird dort mit unserer neuen Naßaufbereitungstechnologie zu dem bekannten Produkt Rügener Schlämmkreide in unterschiedlichen Feinheiten aufbereitet. Die Einsatzzwecke sind dementsprechend auch recht unterschiedlich.

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